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Die beiden Jugendforscher Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Hurrelmann und Simon Schnetzer schlagen Alarm, weil junge Menschen von der Corona-Pandemie besonders betroffen sind und sie sich von der Politik im Stich gelassen fühlen. Daher schlagen sie als einen demonstrativen politischen Schritt ein „Corona-­Stipendium“ vor. Es soll jungen Menschen mit Problemen bei Übergängen Perspektiven bieten und sie an der aktiven Gestaltung der Zukunft beteiligen.


Was ist ein Corona-Stipendium?

Jugendforscher Simon Schnetzer (l.) und Prof. Dr. Klaus Hurrelmann (r.)

Das von Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann entwickelte Konzept des Corona-Stipendiums richtet sich an junge Leute im Alter zwischen 16 und 26 Jahren, die ihre Ausbildung be­endet, aber noch keinen Anschluss ans Berufsleben gefunden haben an. Die Stipendien sind auf sechs Monate beschränkt und belaufen sich auf eine Förderung von etwa 1.000 Euro pro Monat. Stipendiaten-Projekte können von privaten und gemeinnützigen Unternehmen, sozialen Einrichtungen oder eigeninitiativ von jungen Menschen beantragt werden. Das Sti­pen­dium folgt der Idee der freiwilligen sozialen Dienste.


Was sind die Zielsetzungen von Corona-Stipendien?

Corona-Stipendium - Zielsetzungen

Die  Corona-Stipendien zielen bei Junge Menschen darauf ab, jungen Menschen eine finanzielle Perspektive zu bieten, ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten und sie durch die Projekte zu Mitgestalter*innen der Zukunft zu machen.

Die Corona-Stipendiaten-Projekte sollten sich auf mindestens eine der drei Zielsetzungen konzentrieren: 

  1. Den Sozialen Zusammenhalt fördern
  2. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie bewältigen 
  3. Die Zukunftsfähigkeit gestalten

Warum ist die Vergabe eines Corona-Stipendiums notwendig?

Corona-Stipendium - Student im Homeoffice - Simon Schnetzer

Eine Gruppe der Bevölkerung die besonders stark unter den Folgen der Corona-­Pandemie leidet, sind Jugendliche und junge Erwachsene. Sie befinden sich in einer Umbruchsituation ihres Lebens und müssen den schwierigen Übergang zwischen Schule, Ausbildung, Studium und Beruf ­bewältigen. Gelingt die Bewältigung dieses Übergangs nicht, kommt es zu einem frühen Scheitern in der Bildungs- und Berufslaufbahn, was lebenslange »soziale Narben« hinterlassen kann.

Die Studie „Junge Deutsche 2021“ über die Lebens- und Arbeitswelten von 14- bis 39-Jährigen hat gezeigt, dass fast ein Drittel eines jeden Jahrgangs der Generation Z & Y durch die Corona-­Pandemie hart getroffen wird. Jeweils etwa 30 Prozent der Befragten berichten von Verschlechterungen bei den Perspektiven für die Zukunft, ihrer schulischen und beruflichen Situation und ihrer finanziellen Lage. 

Obwohl Handeln dringend geboten ist, fühlen sich viele junge Menschen von der Politik im Stich gelassen. Sie erfahren täglich von den massiven Unterstützungen für ­Berufstätige und Firmen, aber vermissen schmerzlich, dass ihnen als junger Genera­tion ein guter Start in das Berufsleben garantiert wird. Dabei sind sie es, die ab sofort die immensen Schulden der Krisenbewältigung schultern müssen.


Wie sollen Corona-Stipendien vergeben werden?

Die Vergabe des Stipendiums veranschaulichen wir anhand von drei Beispielen, die sich auf Modernisierung und Digitalisierung beziehen:

  • Junge Leute bewerben sich selbst um ein Corona-Stipendium, um innovative Konzepte für hybriden Unterricht in Schulen zu entwickeln und Vorschläge für die Lehrerfortbildung zu erarbeiten.
  • Der Träger eines Seniorenheims bewirbt sich um Corona-Stipendiaten, um die Angebote der Einrichtung zu digitalisieren und bei den Bewohnern beliebte Unterhaltungsangebote über eine Online-Plattform erlebbar zu machen.
  • Ein regionales Maschinenbau-Unternehmen bewirbt sich um Corona-Stipendiaten, um die aus der Krise resultierenden Herausforderungen der Digitalisierung von Vertriebskanälen und Mitarbeiterführung zu überwinden.

Bestehende Verwaltungsstellen für Freiwilligendienste könnten die Vermittlung und Vergabe der Corona-Stipendien übernehmen, die Arbeit der Stipendiaten begleiten und die Ergebnisse evaluieren.


Auslobung der Corona-Stipendien durch den Bundespräsidenten

Für die Pilotphase sollten im ersten Quartal des Jahres 2021 aus Steuermitteln 10.000 solcher Stipendien finanziert und durch den Bundespräsidenten ausgelobt werden. Bereits während der Pilotphase sollte mit den ­Stipendiaten und den Einsatzstellen evaluiert werden, wie Konzept, Organisation und ­Effektivität des Corona-Stipendiums verbessert werden können.

Dass die Beteiligung junger Menschen sich lohnen kann, zeigt die Erfahrung aus zahlreichen Zukunftsgestalter-Workshops, in denen Jugendliche und junge Erwachsene ­regelmäßig Arbeitgeber, Verbände und Kommunen damit überraschen, wie viel Kreativität, Ehrgeiz und ­Power in ihnen stecken. Mit dem von uns geforderten Corona-Stipendium wird jungen Menschen eine ­Chance ­gegeben, diese Energie auf die Gestaltung ihrer eigenen Zukunft zu lenken.


FAZIT ...

Machen wir einmal ein einfaches Zahlenspiel. Es gibt in Deutschland ca. 24,5 Millionen 14-39-Jährige. Etwa 30% beklagen aktuell eine Verschlechterung der finanziellen Situation, der schulisch-beruflichen Situation und der Perspektiven für die Zukunft. Das sind etwa 7,35 Millionen junge Menschen, denen aktuell die Perspektiven fehlen. Um jetzt unmittelbar ein Angebot machen zu können, schlagen wir als Pilotprojekt die Auslobung von 10.000 Stipendien vor, was im Vergleich zu anderen Rettungsgeldern einen geringen Beitrag von etwa 6 Millionen € ausmacht. Das Potenzial ist riesig! Aber selbst wenn das Experiment die Erwartungen nicht erfüllen sollte: So viel sollte uns das Schicksal der Jugend in dieser schwierigen Zeit wert sein.