Shell Jugendstudie 2019 – ein Kommentar zur neuen Studie

Wovor hat die Generation Z Angst?

1. Umweltverschmutzung (71%)
2. Terroranschläge (66%)
3. Klimawandel (65%)
4. Wachsende Feindlichkeit zwischen Menschen mit unterschiedlichen Meinungen (56%)
5. Wirtschaftliche Lage und steigende Armut (52%)

Angst vor der Zukunft ist einer der prägendsten Einflüsse auf die Lebenssituation der Generation Z. Die Auswertung der Shell Jugendstudie liefert einen Teil der Antwort, der Rest ist in einem für viele nicht klar definierbarem Gefühl begründet.

Was findet die Generation Z sehr wichtig für Erfolg im Leben?

1. Gute Ausbildung (75%)
2. Richtige Leute kennen (41%)
3. Hart arbeiten (30%)
4. Wohlhabende Familie (18%)
5. Ethnische Herkunft (12%)

Die junge Generation ist geprägt davon sich permanent zu vergleichen und nach Erfolg zu streben. Die Voraussetzung um beruflich erfolgreich zu sein, sehen sie zunächst in der gesellschaftlichen Voraussetzung für Akzeptanz (gute Ausbildung) und an zweiter Stelle die guten Connections. Hart zu arbeiten kommt erst an dritter Stelle.

Wie zuversichtlich ist die Generation Z, ihre beruflichen Wünsche zu verwirklichen?

84% der Generation Z sind zuversichtlich, ihre beruflichen Wünsche zu verwirklichen. Je älter die Befragten (zwischen 12 und 25 Jahren) sind, desto zuversichtlicher werden sie – unter den 22-25-Jährigen sind es gar 92%. Zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen gibt es kaum Unterschiede, Deutsche mit Migrationshintergrund sind etwas weniger zuversichtlich.

Was sind die Erwartungen der Generation Z an die Berufstätigkeit?

Die Top5 Erwartungen an die Berufstätigkeit sind:

1. Ein sicherer Arbeitsplatz
2. Möglichkeiten etwas sinnstiftendes zu tun
3. Das Gefühl etwas zu leisten
4. Genügend Freizeit neben der Berufstätigkeit
5. Das Gefühl, anerkannt zu werden

Eine interessante Abweichung zu den Ergebnissen der Studie Junge Deutsche 2019 ist, dass der sichere Arbeitsplatz an erster Stelle anstatt der guten Arbeitsatmosphäre (diese wurde hier allerdings nicht abgefragt).

Interessante Entwicklungen seit 2015: sowohl der Anspruch etwas zu leisten als auch das Streben nach sinnstiftenden Tätigkeiten sind wesentlich wichtiger geworden.

Was macht die Generation Z in ihrer Freizeit?

Die Top10 Freizeitaktivitäten der Generation Z:

1. Musik hören
2. Sich mit Leuten treffen
3. Im Internet surfen
4. Videos, Filme, Serien anschauen
5. Soziale Medien nutzen
6. Fernsehen
7. Training / Aktiv Sport treiben
8. Nichts tun, chillen
9. Sport in der Freizeit wie Rad fahren, Skaten, Kicken usw.
10. An der Spielkonsole oder am Computer spielen

Interessante Entwicklungen im Freizeitverhalten: Die Anzahl der Befragten, die in Clubs oder zu Parties gehen ist von 2002 bis 2019 von 34% auf 13% gefallen. Videos, Filme und Serien anschauen hat im gleichen Zeitraum von 18% auf 45% zugenommen. Der Stellenwert von Aktivitäten hat ebenfalls zugenommen, wenn auch nicht so stark (von 16% auf 23%). Das Leseverhalten von Büchern ist über die Jahre sehr konstant, das Leseverhalten bzgl. Zeitschriften oder Magazinen hingegen ging von 2002 bis 2019 stark zurück (von 13% auf 3%).

Empfehlung für die Autoren der Shell Jugendstudie: Verwenden Sie beim nächsten Mal bitte als Beispiele für Soziale Medien nicht mehr “Twitter und Facebook”. Aktuell wäre Instagram, Snapchat oder TikTok angesagter. Das sehr populäre Kommunizieren/Chatten über WhatsApp sollte durch die Abfrage ebenfalls erfasst werden.

Was macht die Generation Z online?

Die häufigsten Aktivitäten der Generation Z online sind:

1. Messengerdienste wie WhatsApp oder andere nutzen
2. Soziale Netzwerke wie Facebook oder YouTube nutzen
3. Musik runterladen oder hören
4. Informationssuche
5. Nutzung für Schule, Ausbildung, Beruf

Die Shell Jugendstudie 2019 hält ihr hohes Niveau der umfassenden Untersuchung der Lebenswelten von 12-25-Jährigen. Anstatt den Altersfokus auszuweiten bleiben die Autoren bei der engen Definition von Jugend und Erwachsenwerden. Ein erheblicher Mehrwert der Studie ist das Aufzeigen von Entwicklungen über die letzten 17 Jahren und die Differenzierung zahlreicher Ergebnisse nach Alter, Milieus, Geschlecht und Bildung. Einige Fragen, insbesondere bzgl. der Medienutzung sollten um aktuellere Medien-Beispiele ergänzt werden.

Was mir die vorliegende 18. Shell Jugendstudie 2019 leider nicht beantwortet hat:

• Wie hoch ist der Anteil der Generation Z, der sich für Klimarettung aktiv einsetzen?
• Welche Forderungen haben Jugendliche neben der Klimarettung?
• Welche Unterschiede gibt es zwischen der Jugendbewegung der 68er und heute?
• Welche Auswirkungen haben Smartphones auf die Lebenswelten der Jugendlichen?

Besonders wertvoll finde ich die Interviews am Ende der Studie z.B. darüber, warum und wie bestimmte Social Media Kanäle genutzt werden oder wie glaubwürdig Influencer sind. Wenn Sie mit der jungen Generation arbeiten, dann gehört die aktuelle Shell Jugendstudie auf jeden Fall als Nachschlagewerk ins Bücherregal.

Auf der Grundlage der aktuellen Studienergebnisse wage ich wieder einen Blick in die Zukunft, was bei der nächsten, der 19. Shell Jugendstudie “Jugend 2023” junge Menschen bewegen wird und was sich sonst in der Jugendforschung verändert.

Drei Zukunftstrends:

• Politische Influencer:
  Immer mehr junge Influencer werden politische Themen für sich entdecken und social Media auch in Deutschland zu einem wichtigen Schauplatz für Politik, Demokratie und Beteiligung machen
• Beschleunigung vs. Entschleunigung:
  Parallel zu der Entwicklung der immer stärkeren Vernetzung und schnelleren Kommunikation setzt sich ein Gegentrend zu bewussterer analoger Zeit im Real Life, Digital-Fasten und Entschleunigung auch bei Jugendlichen und an Schulen / Hochschulen durch
• Sinnvolle Jobs:
  In der Berufswelt werden viele Forderungen junger Menschen nach Spaß, Sinn und Sicherheit zu einer neuen Normalität geworden sein. Gleichzeitig werden die Jungen einen neuen Appetit an Führung gewinnen, weil sie in Zeiten der Krise erfahren, dass Wohlstand keine Selbstverständlichkeit ist, sondern hart erarbeitet sein will.

Simon Schnetzer ist der Autor der Studie “Junge Deutsche” und zählt zu den renommiertesten Jugendforschern und Speakern über die junge Generation im deutschsprachigen Raum. Im Unterschied zur Shell-Studie untersucht die Studie “Junge Deutsche” mit 14-39-Jährigen sämtliche Phasen des Erwachsenwerdens. Der inhaltliche Schwerpunkt der Studie “Junge Deutsche” liegt auf den Lebens- und Arbeitswelten. Die aktuelle Studie “Junge Deutsche 2019” hat die Sonderthemen Gesundheit und Vorsorge untersucht.