SEITE TEILEN AUF

Je besser das Team, desto erfolgreicher die Unternehmung. Seit jeher buhlen Arbeitgeber um die Besten und lassen sich allerhand einfallen, um in dem mittlerweile internationalen War for Talents die talentiertesten jungen Menschen für sich zu gewinnen. In diesem Beitrag zeige ich auf, wie sich Regionen ihren Zugang zu Talenten sichern können.


1 . Worum geht es beim War for Talents?

1997 tauchte der Begriff ‚War for Talents‘ erstmals in einer Studie von Steven Hankin auf und beschreibt den Wettbewerb von Konzernen, KMUs und Startups um Fachkräfte. Die zentralen Gründe für eine Zunahme des Wettbewerbs sahen Hankin und seine Koautoren in dem gestiegenen Bedarf an jungen Fachkräften wegen der starken wirtschaftlichen Entwicklung und dem knapperen Angebot aufgrund der demografischen Entwicklung. Ein weiterer Grund liegt darin, dass immer mehr Unternehmen auf dieselben Talente für ihren wirtschaftlichen Erfolg angewiesen sind und Sprache oder Mobilität eine geringere Barriere darstellt. In ihrer Untersuchung identifizieren sie die Vernachlässigung des Führungsnachwuchses als eines der größten strategischen Probleme von Unternehmen und empfehlen, Talent-Management zur Top-Priorität zu erklären. In Deutschland ist der Talente-Engpass und Fachkräftemangel besonders deutlich in MINT-Berufen, speziell in der Informatik und im Gesundheitswesen.


2. Talent-Recruiting: Wie wird um Talente gekämpft?

Die wohl verblüffendste Erkenntnis bei der Untersuchung der deutschen Personalwirtschaft: alle sagen, dass sie sich gute Mitarbeitende wünschen, doch wenige kommunizieren das. Es sind insbesondere internationale Beratungsgesellschaften, Automobil- oder Techonologiekonzerne, die ganz gezielt Talente ansprechen und ihnen besondere Programme für Talente anbieten. Um attraktiv für Talente zu sein, setzen diese Programme für Talente abwechslungsreiche Arbeitseinsätze, attraktive Auslandserfahrungen, ungewöhnliche Erlebnisse wie z.B. Überlebenstraining im Wald oder ein Aufenthalt im Schweigekloster und das erhebende Gefühl, Teil einer Gruppe von Talenten zu sein.

Eines der Grundbedürfnisse junger Menschen ist die Selbstwerterhöhung. Aus diesem Grund ist es eine viel coolere Story aus Sicht der Generation Z, wenn man in einem Talente-Programm aufgenommen wird als wenn man einfach einen “normalen” Job bekommt. Der Kampf um junge deutsche Talente ist in vollem Gange und der deutsche Mittelstand tritt gar nicht erst an. Der erste Schritt wäre, Talente im Recruiting explizit anzusprechen, der zweite Schritt ist, aktiv auf sie zugehen. 


3. Was verändert sich beim Talent-Recruiting durch die Corona-Krise?

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft bringt Bewegung und Chancen in das Recruiting allgemein und das Talent-Recruiting im Besonderen. Weil Talente immer gefragt sind, stellen sie auch in Krisenzeiten besonders hohe Anforderungen an Arbeitgeber. 

 

Krisengewinner und Verlierer: Während manche Branchen Mitarbeitende und Talente entlassen oder in Kurzarbeit schicken, stellen andere ein und bauen ihr Geschäft weiter aus.

IT auf dem Vormarsch: Der durch Corona bedingte Digitalisierungsschub weitet die Abhängigkeit von ITlern und befeuert den Kampf um sie weiter. 

Zeit des Wandels: Die Anforderungen an Führung und Talente steigen, weil die Corona-Krise viele Veränderungsprozesse (Change-Prozesse) in den Bereichen Geschäftsmodell, Führung, Vertrieb und Marketing erforderlich machen. 

Die neue Ortsunabhängigkeit: Seit viele Unternehmen entdeckt haben, wie gut Teams außerhalb der Büros miteinander arbeiten können, wird der Lebensmittelpunkt eines Talents weniger Rolle für dessen Einsatzort spielen. 


4. Wie bekommen Arbeitgeber und Regionen die Talente, die sie wollen?

Um Strategien zum Finden, Motivieren und Binden von jungen Mitarbeitenden oder Talenten zu entwickeln, arbeite ich mit dem Generationenmmodell ABBAS. Das bewährte Strategie-Konzept basiert auf fünf Elementen: Aufmerksamkeit gewinnen, Bedürfnisse verstehen, Beteiligung der Zielgruppe, Anerkennung geben und eine gute Story zu erzählen. 

Strategie-Konzept in 6 Schritten:

  1. Schritt: das Ziel und die Zielgruppe Definieren
    Warum wollen Sie Talente gewinnen? Was macht ein Talent für Sie aus?
  2. Schritt: Aufmerksamkeit von Talenten bekommen
    Wo finden Sie für sich relevante Talente? Wie können Sie für sich relevante Talente ansprechen? 
  3. Schritt: Bedürfnisse relevanter Talente verstehen
    Welche Bedürfnisse haben für uns relevante Talente? Wie müssen wir sein / kommunizieren, damit Talente sich in unserem Talente-Angebot wiederfinden? 
  4. Schritt: Talente beteiligen
    Wie können Sie Ihre Angebote gemeinsam mit Talenten gestalten z.B. durch Formate wie Ideen-Wettbewerb, Themen-Barcamp, Hackathons oder eine Zukunftsgestalter-Challenge? In welcher Weise erfahren Talente Selbstwirksamkeit durch das Beteiligungsformat?
  5. Schritt: Anerkennung geben
    Wie können Sie Talente für die Beteiligung belohnen oder ihr Selbstwertgefühl erhöhen? Welche neuen Wege der Anerkennung können Sie in digitalen Zeiten gehen?
  6. Schritt: eine gute Story
    Was ist die Heldengeschichte, die ein Talent dafür erzählen kann, dass er/sie sich für Sie als Arbeitgeber entschieden hat? Was macht Ihre Story besonders, um im Vergleich zu anderen Stories gut dazustehen?

5. Talente für die Region: Eine Initiative für Arbeitgeber und Regionen, um mit Talenten Zukunft zu gestalten

Die Initiative Talente für die Region bringt Geschäftsführer und Personalverantwortlichen von Top-Arbeitgebern einer Region sowie studentische Talente zusammen. Das Erfolgsrezept der Initiative besteht aus der guten Auswahl der Partner und Talente sowie einem cleveren Mix aus Live-Events und digitalem Vernetzungsangebot. Das sorgte bei den Netzwerkpartnern und Studierenden bisher für so viel Begeisterung, dass die 2014 in Bayerisch-Schwaben von Christian Gebler gestartete Initiative sich mittlerweile auf ganz Süddeutschland ausweitet. 

 

Was ist besonders an Talente für die Region? 

Regionen, Arbeitgeber und Hochschulen können als Partner des Netzwerks auf unkomplizierte Weise ihr Interesse an Talenten signalisieren und Top-Talente der für sie relevanten Studienrichtung direkt persönlich kennenlernen. Besonders ist auch, dass als Teilnehmende an den Events nur Geschäftsführer*innen und Personalverantwortliche von Seiten der Arbeitgeber zugelassen sind. Neben dem Kontakt zu Talenten schätzen die Partner den Kontakt “von Alpha zu Alpha” besonders. Studierende sind von dem Konzept begeistert, weil sie auf diese Weise spannende Arbeitgeber, Perspektiven und visionäre Menschen in der Region kennenlernen, wodurch schon viele Kooperationen entstanden sind.


6. Talente für die Region: Beispiel für eine Initiative, um Talente zu fördern und entwickeln

Am Freitag den 13. November 2020 legte ich zusammen mit Christian Gebler den Grundstein für das neue Netzwerk Talente für die Region Allgäu. Der erste Kontakt zwischen Christian Gebler und mir entstand aus einer Empfehlung aus dem Netzwerk von Talente für die Region.

Christian Gebler bekommt regelrecht Heimatgefühle, wenn er auf seine frühere Heimat bei Füssen zufährt: „Ich freue mich riesig, dass wir Talente für die Region jetzt auch im Allgäu aufbauen. Das Allgäu liegt mir echt am Herzen und mit Simon Schnetzer haben wir einen herausragenden Kenner der Region und Experte in Sachen Netzwerken mit an Bord.“ 

Gruppenbild - Talent Recruiting für Arbeitgeber und Regionen - Talente für die Region
Talente für die Region - Das Team Allgäu. Foto: Christian Gebler

Was erwarte ich mir von Talente für die Region Allgäu?

Als ich meiner Frau zum ersten Mal von Talente für die Region erzählt habe, hat sie die Hände überm Kopf zusammengeschlagen: “Nochmal eine neue Baustelle”. Je intensiver ich mich mit dem Konzept auseinandergesetzt habe, desto klarer war mir, dass ich mir das auch fürs Allgäu wünsche. Ich sehe so viele tolle Menschen und Talente aus der Region wegziehen, weil BMW, BCG oder Google tolle Talent-Programme auflegen. Und immer fragte ich mich, welches Konkurrenz-Angebot die tollen Arbeitgeber in meiner Heimat machen. Ich sehe in dieser Initiative das Potenzial, dass wir einerseits tolle Angebote für Talente anbieten und sichtbar machen können. Außerdem zeigt die Erfahrung aus Augsburg (Bayerisch-Schwaben), wie wertvoll der Austausch auf Geschäftsführerebene für die Arbeitgeber ist. Für mich sind Talente übrigens weniger am besten Notenschnitt erkennbar, sondern an ihrem Engagement, der visionären Kraft und ihrer Leidenschaft. 

Ich glaube, dass es für talentierte Studienbewerber*innen in Zukunft eine Rolle spielen wird, ob ein Hochschulstandort über ein Talente für die Region Netzwerk verfügt und man als Talent direkt in Kontakt mit Top-Entscheidern und Perspektiven in der Region kommen kann. Insofern wünsche ich mir, dass das Allgäu als Standort für junge Talente in der Spitzenliga mitspielt.